19.12.2023 | Allgemein Seite 78-79 in Ausgabe 1/2024

Als Handwerker alles richtig machen!

Die Rechtsprechung ist voll mit Fällen, was alles schiefgehen kann. Deshalb ist es wichtig, aus diesen Fällen für sich das Richtige mitzunehmen.

1. Werkleistung muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen!
Eigentlich ist das klar. Ein Werk eines Auftragnehmers ist dann mangelfrei, wenn es zum Zeitpunkt der Abnahme die vereinbarte Beschaffenheit hat oder den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und auch dauerhaft funktionstauglich ist. Dies gilt nicht nur beim VOB-Vertrag, sondern auch beim BGB-Vertrag. Das Werk muss stets die ihm üblicherweise zukommende Funktion erfüllen, selbst wenn im Vertrag eine Ausführungsart vereinbart ist, mit der die Funktionstauglichkeit nicht erreicht werden kann. Nur mal so am Rande: Wenn man als Auftragnehmer feststellt, dass mit der Ausschreibung der Erfolg des Werks nicht hergestellt werden kann, dann muss man auf jeden Fall Be­denken anzeigen.
In dem Fall des OLG Köln vom 10. Fe­bruar 2021 ging es darum, dass der Auftragnehmer auf der Grundlage eines BGB-Vertrags mit der Herstellung von Gipskartonwänden beauftragt war. Es kommt nach Fertigstellung der Leistung zu Rissbildungen. Der Auftraggeber verlangt Schadensersatz wegen mangelhafter Werkleistung. Der Auftragnehmer wendet dagegen ein, dass der Auftraggeber auf eine fachgerechte Fertigstellung der Kon­struk­tion der Trockenbauwände aus wirtschaftlichen Erwägungen verzichtet hat. Im Prozess wird durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen festgestellt, dass im Bereich der Anschlüsse an Decke als auch Wände zahlreiche Risse feststellbar sind.
Im Prozess lässt sich auch nach Beweisaufnahme durch Zeugen nicht feststellen, dass der Auftraggeber auf eine fachgerechte Fertigstellung der Konstruktion verzichtet hat, was der Auftragnehmer behauptet. Eine Behauptung einer Partei ist keine Feststellung! Der Auftragnehmer muss schon darlegen, dass der Auftraggeber bereit war, hinter den anerkannten ­Regeln der Technik zurückzubleiben und auch bereit war, die Risiken, die daraus erwachsen, zu übernehmen. Eine solche Risikoübernahmeerklärung kann nur schriftlich erfolgen. Eine mündliche Risikoübernahmeerklärung ist so gut wie ausgeschlossen. Denn man muss als Auftragnehmer dem Auftraggeber alle Risiken aufzeigen, die entstehen können, wenn man hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleibt.
Dies ist jedoch nicht alles! Vielmehr sollte man auch eine schriftliche Er­klärung vom Auftraggeber abfordern, dass er bereit ist, diese Risiken bewusst in Kauf zu nehmen. Dies kann nur schriftlich erfolgen, da der Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast hat, dass er den Auftraggeber über alle Risiken richtig aufgeklärt hat. Dazu gehört auch, dass der Auftragnehmer über die Schäden aufklärt, die unter Umständen entstehen können, wenn man hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleibt. Das ist nicht mal eben so gemacht und besonders nicht mit Formblättern oder nur einigen wenigen Sätzen. Das geht dann auf jeden Fall schief. Solche Risikoübernahmeerklärungen können nur mit einem Anwalt zusammen erfolgen.
Der Fall vor dem OLG Köln geht so aus, dass der Auftragnehmer zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet wird. Aus diesem Fall kann man mitnehmen, dass man sich als Auftragnehmer immer schriftlich absichern muss, wenn der Auftraggeber aus Kostengründen irgendwelche halbgaren Lösungen verlangt, die zur Haftung für den Auftragnehmer führen können.

2. Wer planen will, muss auch planen können!
Bei einem weiteren Fall des OLG Köln vom 9. März 2021 geht es um einen Sportplatzbau, hier insbesondere um die Ausführung eines Kunstrasens. Das Leistungsverzeichnis weist ver­schie­dene Angaben auf und eine Position »Ausführungsplanung«. Beim Betrieb des Sportplatzes zeigen sich Ent­wäs­serungsmängel. Achtung: Wenn eine solche Ausführungsplanung in einem Leistungsverzeichnis verlangt wird, so ist sie durch den Auftragnehmer auch geschuldet. Denn dann geht es um eine Ausführungsplanung im Sinne der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (§ 15 HOAI).
Das Gericht kommt zu der Erkenntnis, dass durch die Position »Ausführungsplanung« der Auftraggeber dem Auftragnehmer die Verantwortung für die Ausführungsplanung vollständig aufgebürdet hat. Durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen wird festgestellt, dass die Entwässerung nicht den maßgeblichen DIN-Normen entspricht. Diese Kenntnis hätte man vom Auftragnehmer erwarten dürfen. Dieser verteidigt sich vor Gericht damit, dass er nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse für die Erstellung einer fachgerechten Ausführungsplanung verfügt. Das kann kein Argument sein! Wenn ich als Auftragnehmer eine solche Ausführungsplanung schulde, so muss mir klar sein, dass ich eine solche Planung auch richtig durchzuführen habe. Wenn ich es nicht selbst kann, so muss ich Fach­leute damit beauftragen, die über diese Kenntnis verfügen. Deshalb geht eine solche Argumentation nach hinten los.
Das OLG entscheidet zugunsten des Auftraggebers und spricht diesem eine Zahlung von 720 000 Euro zu.
Aus diesem Fall kann man mitnehmen, dass man als Auftragnehmer richtig planen muss, wenn diese Planung geschuldet ist. Ansonsten ist man in der Haftung.

3. Auftragslos erbrachte Leistungen sind dem Auftraggeber anzuzeigen!
Hier geht es um einen Klassiker im privaten Baurecht, wenn ein Architekt mal wieder Änderungs- oder Zusatzleistungen beauftragt und hierfür vom Auftraggeber nicht bevollmächtigt ist.
Ein VOB-Vertrag liegt dem Fall des OLG Köln vom 16. April 2021 zugrunde. Nach § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B werden Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Vertrag ausführt, nicht vergütet. Nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B steht dem Auftragnehmer eine Vergütung nur zu, wenn der Auf­trag­geber eine solche Leistung nachträglich anerkennt. Das wird kaum pas­sieren. Eine Vergütung steht dem Auftragnehmer auch dann zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags technisch notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftrag­gebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden. Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Diese Anzeige muss unverzüglich an den Auftraggeber erfolgen. Eine Anzeige allein an den Architekten reicht nicht aus. Deshalb ist es als Auftragnehmer nicht ausreichend, darzulegen, dass die Leistung technisch notwendig war. Vielmehr muss diese Leistung auch dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen. Diese entspricht nur dann dem mutmaßlichen Willen, wenn es keine Alternative zu der technischen Leistung gab. Wenn jedoch andere technische Alternativen bestanden haben, so entspricht dies nicht dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, da dann in die Entscheidungshoheit des Auftraggebers eingegriffen wurde, sich für eine unter Umständen preiswertere Leistung zu entscheiden.
Die Anzeigepflicht hat den Sinn und Zweck, den Auftraggeber über drohende Kostenerhöhungen zu informieren, damit dieser sich darauf einstellen und umdisponieren kann. Hier sollte ein Auftragnehmer nicht den Worten eines Architekten vertrauen, dass die Leistung auf jeden Fall durch den Auftraggeber bezahlt wird. Das ist nicht der Fall! Viele Auftragnehmer wenden immer ein, dass sie ihre Leistung nicht aus eigenem Antrieb erbracht haben. Damit wird der Auftragnehmer nicht gehört. Es gilt der Grundsatz: Ohne Vereinbarung kein Geld! An diesen Grundsatz sollte man sich strikt halten und auch darüber nachdenken, wer eine solche Vereinbarung treffen kann. Dies kann nicht der Architekt sein, sondern nur der Auftraggeber selbst! Dies muss der Auftragnehmer unbedingt im Blick haben, wenn er kein Geld ver­lieren will. Eigentlich ganz einfach!

Carsten Seeger

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