22.10.2023 | Recht am Bau Seite 74-75 in Ausgabe 6/2023

Das Bauforderungssicherungsgesetz – das unbekannte Gesetz!

Das Bauforderungssicherungs­gesetz (BauFordSiG) führt ein Schattendasein. Kaum jemand kennt dieses Gesetz. Es kann wertvolle Hilfe geben, wenn man als Handwerker/Bauunternehmer nicht anders zu seinem Werklohn kommt. 
Der Anwendungsbereich setzt eine spezielle Lage voraus, die hier aufgezeigt wird. Dieses Gesetz dient dem Nachunternehmer gegenüber seinem Vertragspartner, der ein Generalunternehmer sein muss. Ein Bauherr hilft dem Nach­unter­nehmer nicht weiter. Also gilt dieses Bauforderungssicherungsgesetz für alle Handwerker/Bauunternehmer, die als Nachunternehmer vielfach mit einem Generalunternehmer zusammenarbeiten.
Anspruchsgrundlage ist § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 BauFordSiG. Dies stellt einen Schadensersatzanspruch dar. Demnach statuiert § 1 BauFordSiG die Verpflichtung des Empfängers von Baugeld, dieses zur Befriedigung solcher Personen, die an der Herstellung oder dem Umbau des ­Baues aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt sind, zu verwenden. Wer ist nun Empfänger von Baugeld? Das kann nie der Bauherr selbst sein, sondern immer nur der Generalunternehmer. Der Bauherr, der das Bauvorhaben mittels Kredit durch eine Bank fremdfinanziert, setzt diesen Kredit, also das Baugeld ein, um den Bau zu finanzieren. Dieses Baugeld erhält der Generalunternehmer als Gegenleistung für die Herstellung oder den Umbau des Bauvorhabens. Meist führt der Generalunternehmer diese Leistungen jedoch nicht selbst aus, sondern bedient sich Handwerkern/Bauunternehmern als Nachunternehmer. Meist ist es so, dass der Handwerker/Bauunternehmer als Nachunternehmer die gesamte Leistung erbringt und dann kaum oder gar kein Geld sieht. Wichtig ist, dass der Handwerker/Bauunternehmer einen unmittelbaren Beitrag zur Herstellung des Bauwerks erbringt. Jetzt kommt es häufig zu der Situation, dass der General­unter­nehmer nicht mehr zahlen kann und in Insolvenz fällt. Im Falle der Insol­venz kann ein Gläubiger seine Forderungen nur gegenüber der Insolvenztabelle anmelden und erhält so gut wie nichts. 
Für die am Bau beteiligten Personen ergibt sich jetzt aber eine andere Si­tua­tion. Meist handelt es sich um eine juristische Person, wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft, die in Insolvenz gefallen ist. Jetzt fragt sich, ob es eine Durchgriffshaftung auf den Geschäftsführer oder Vorstand gibt. Grundsätzlich ist dies nicht möglich
bei Insolvenz eines Unternehmens. Jedoch hilft hier das Bauforderungs­sicherungsgesetz weiter, da man als Nachunternehmer auf diese Personen, die hierfür persönlich haften, durchgreifen kann. Das Bauforderungs­siche­rungs­­gesetz gibt also dem Nachunternehmer den Anspruch, auf die hinter dem General­unternehmen stehenden Personen zuzugreifen. Das ist einmalig im gesamten Recht. Das sollte jeder Handwerker/Bauunter­nehmer, der als Nachunternehmer tätig wird, im Hinterkopf behalten. Auch ein Lieferant von Bau­stoffen ist durch das Bau­forde­rungs­­sicherungs­gesetz geschützt. Dafür muss natürlich die Ausgangs­situa­tion vorliegen, dass der Bauherr das Bauvorhaben fremd­finanziert und durch einen Dritten, hier General­unter­­nehmer, errichten lässt. Sonst ist das ­Bau­forderungs­sicherungsgesetz nicht anwendbar.
Der Empfänger von Baugeld kann Generalunternehmer sein, jedoch auch Bauträger und Generalübernehmer als auch Fertighaushersteller sowie Baubetreuer. Der Schadensersatzanspruch richtet sich dann nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 1 Abs. 1 BauFordSiG gegen den Geschäftsführer oder den Vorstand der Baugesellschaft. Ein solcher Anspruch hat Erfolg, wenn das Baugeld vorsätzlich zweckwidrig durch den Generalunternehmer verwendet wird.
Das Baugeld dient der Befriedigung ­aller am Bau tätigen Personen zur Herstellung des Baus. Vielfach gehen jedoch Generalunternehmen hin und stopfen mit frischem Geld, hier dem Baugeld, finanzielle Löcher bei anderen Bauvorhaben oder dieses Baugeld wird zum persönlichen Spaß aus­ge­geben anstatt für die Bezahlung von Nachunternehmern. In dem Fall liegt eine vorsätzliche zweckwidrige Verwendung vor, wenn das Baugeld nicht für den konkreten Bau verwendet wird. Das muss der Generalunternehmer darlegen und beweisen. Hier hat der Generalunternehmer substantiiert darzulegen und aufzuschlüsseln, welche einzelnen Zahlungen auf das Bauwerk geleistet wurden und in welchem Umfang empfangenes Baugeld an die jeweiligen Bauhandwerker weitergeleitet wurden. 
Der Nachunternehmer muss nur vortragen, dass er eine fällige Bauforderung hat – sei es eine unbezahlte ­Abschlags- oder Schlussrechnung –, dass der Generalunternehmer Baugeld empfangen hat und von diesem Geld nichts mehr vorhanden ist, sodass die fällige Forderung des Nachunternehmers nicht mehr befriedigt werden kann.
Das bedeutet, dass der Nach­unter­nehmer mit seiner fälligen Forderung gegen seinen Auftraggeber ausgefallen sein muss. Nur dann kann er auf die hinter seinem Auftraggeber stehenden Personen zugreifen. Der Schadens­ersatzanspruch des Nach­unter­neh­mers kann sich jedoch durch Mängel der erbrachten Leistung des Nach­unternehmers mindern. Bei tatsäch­lichem Vorliegen von Mängeln erhält der Nachunternehmer nur einen Schadensersatzanspruch abzüglich der Mängelbeseitigungskosten. Ein solcher Schadensersatzanspruch verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schädigers.
Zusammenfassend kann man fest­stellen, dass das Bauforderungssicherungsgesetz nur die Ansprüche von »unten nach oben«, also die Ansprüche der Nachunternehmer gegen den Generalunternehmer schützt. In umgekehrter Richtung gewährt das Bauforderungssicherungsgesetz keinen Schutz: Deshalb kann der Bauherr niemals Ansprüche aus dem Bauforderungssicherungsgesetz herleiten.

Carsten Seeger

Zurück