18.12.2023 | Verbände / Institute / Organisationen Seite 28-31 in Ausgabe 1/2024

Heimtex und Fachverband Matratzen-Industrie: Fachgruppentreffen und Mitgliederversammlung in Köln

Heimtex und Fachverband Matratzen-Industrie bewegen dieselben Themen: Die anstehende Transformation zur Kreislaufwirtschaft ist ihr erklärtes Ziel. Auf der zweiten gemeinsamen Jahrestagung beider Verbände in Köln machte das Kompetenz-Zentrum Textil + Sonnenschutz die Mitglieder fit für die Zukunft mit der Präsenta­tion branchenspezifischer, praxis­naher Lösungen, die helfen, Kreis­laufwirtschaft und Nachhaltigkeit konkret umzusetzen.
Auf die Fachgruppentreffen und die interne Mitgliederversammlung des Verbandes der Deutschen Heimtextilien-Industrie (Heimtex), bei der der Vorstand in bekannter Konstellation bestätigt wurde, folgte der gemeinsame öffentliche Teil der Jahrestagung. Hierzu waren Gäste beider Verbände eingeladen. Eröffnet wurde die Tagung mit den Grußworten der beiden Vorstandsvorsitzenden Ottmar Ihling (Heimtex) und Thomas Bußkamp (Fachverband Matratzen-Industrie). Im Fokus standen die fehlende Nachfrage am POS, die allgemeine Kaufzurückhaltung und der Fach­kräfte­mangel. Etwas Entspannung gibt es hingegen bei den Preisen für Rohstoffe und Vormaterialien.
Geschäftsführer Martin Auerbach beleuchtete die Verbandsarbeit der letzten zwei Jahre, die aktuelle wirtschaftliche Lage sowie die kommenden Themen und Herausforderungen. Hier schloss die Keynote des Piloten und Beraters Peter Brandl an, der auf­zeigte, was Luftfahrt und Management gemeinsam haben bzw. was Unter­nehmen gerade in herausfordernden Situationen von der Fliegerei lernen können.
Anklang fanden vor allem die Präsentationen der Unternehmen Mondi, ­FillMatic, TripleR und Ecomade, die Lösun­gen aufzeigten, um das Megathema Kreislaufwirtschaft praktisch anzugehen: Papierverpackungen als nachhaltige Alternative zur Kunst­stoff­umhül­lung für den Transport von Ma­trat­zen und Bettwaren, Ideen zur Einführung des Digitalen Produktpasses und Designprinzipien für nachhaltige Matratzen. Um das Thema Aus- und Weiterbildung von Fachkräften ging es bei der Vorstellung des »Bildungsgangs Interior Designer Einrichtung« durch die in Köln ansässige Fachschule des Möbelhandels (MöFa).
Nach einer Nachtwächtertour durch Köln trafen sich Mitglieder und Gäste zum Get-together in der Brauerei zur Malzmühle am Heumarkt, um den Tag in lockerer Atmosphäre stimmungsvoll ausklingen zu lassen. Am Folgetag fand die interne Mitgliederversammlung des Matratzenverbandes statt.

Aktuelle Lage: Energiekosten steigen, Bürokratie bremst
Die geopolitischen Ereignisse der letzten zwei Jahre haben nicht zu einem zufriedenstellenden Geschäftsverlauf beigetragen. Die deutsche Heim­texti­lien- und Matratzenindustrie sieht sich einer nachlassenden Inlandsnachfrage ausgesetzt, die Verbraucher sind durch eine weiterhin hohe Inflationsrate und drastische Energiepreise verunsichert und konsumieren zurückhaltend. Das zögerliche, uneinige Handeln der Bundesregierung, die wichtige, zukunftsweisende Entscheidungen entweder nicht fällen kann oder sie nicht fällen will, verstärkt die Negativentwicklung zusätzlich.
Beispiel Energiekosten: Es ist damit zu rechnen, dass die Belastungen durch hohe Energiepreise nicht nur bestehen bleiben, sondern mittelfristig sogar zunehmen. Da jetzt bereits das Limit erreicht ist, sind weitere Erhöhungen schlichtweg nicht tragbar. Es besteht Einigkeit, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln, um dadurch die CO₂-Emissionen zu reduzieren. Eine CO₂-Reduktion »um jeden Preis« wird jedoch – da sind sich die Experten einig – das Wirtschaftswachstum weiter reduzieren. Hier sind mehr Sachverstand und Augen­maß geboten. Eine einseitige Strompreispolitik, die nur die großen Verbraucher entlastet und den Mittelstand außen vorlässt, kann nicht sinnvoll sein. Auch die ständig zunehmende Bürokratisierung von Prozessen, die der Gesetzgeber den Unternehmern abverlangt, bindet wertvolle per­so­nelle Ressourcen, die an anderer Stelle effektiver einsetzbar wären.

Herbst-Konjunkturumfrage: Verbände formulieren die drängendsten Forderungen an die Politik
Laut der aktuellen Mitgliederbefragung von Heimtex und Matratzenverband stellt die geringe Nachfrage die größte Herausforderung für sie dar, gefolgt von Arbeitskräftemangel und Bürokratie/Vorschriften. Nicht verwunderlich also, dass sie als Konsequenz daraus ihre drängendsten Forderungen an die Politik so formulieren: An oberster Stelle stehen der Bürokratieabbau und eine Reform der Energiepolitik, die nicht nur auf die Industrie ausgerichtet ist, sondern den Mittelstand stärkt. Ebenfalls werden Konjunkturprogramme für KMU gefordert. Primäres Ziel ist dabei, der deutschen Wirtschaft Perspektiven zu eröffnen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken, damit weiterhin in hoher Qualität und zu wettbewerbsfähigen Konditionen in Deutschland produziert werden kann, um Verbrauchern eine Alter­native zu asiatischen Produkten zu bieten. Ein Bekenntnis zum Produk­tions­standort Deutschland also.

Heimtex: Umsatz rückläufig und auch im 3. Quartal keine Entspannung sichtbar
Bei den Heimtextilien bleibt der Gesamtumsatz des ersten Halbjahres 4 Prozent hinter dem Vorjahr zurück. Größter Verlierer sind die Möbel- und Dekostoffe sowie Gardinen mit einem Umsatzrückgang von 15 Prozent.
Hier zeigt sich, dass der Trend der letzten zwei Jahre, das Zuhause mit Heimtextilien schöner und atmosphärischer zu gestalten, wieder nachgelassen hat. Hinzu kommen die hohe Inflation bzw. das Umlenken des knapper gewordenen Geldes in Reisen. Der größte Bereich Bettwaren verzeichnet mit –5 Prozent ein vergleichsweise geringes Minus, der ebenfalls große Bereich Textile Bodenbeläge liegt beim Umsatz nahezu auf Vorjahresniveau (+0,1 Prozent), die Nachfrage hat um 9 Prozent abgenommen. Positiv ist, dass zumindest das Objektgeschäft langsam wieder anzieht. Da das Business nicht mehr ausschließlich im Homeoffice, sondern auch am Unternehmenssitz stattfindet, investieren Unternehmen wieder mehr in die Ausstattung ihrer Bürogebäude – auch um bei der Suche nach Fachkräften mit ­einem modernen Office punkten zu können. Private Bauvorhaben haben aufgrund der ge­stiegenen Baukosten und Zinsen stark nachgelassen. Ein weiterer Grund ist die allgemeine Verunsicherung, welche Standards und Technologien sich am Bau als zukunftsfähig erweisen. ­Investitionen werden aufgeschoben, unter anderem um damit nicht die ­Chance auf eine staat­liche Förderung zu verspielen. Die Zahl der Baugenehmigungen für privaten Wohnraum in Deutschland ist auf einem historischen Tief und belastet ­dadurch auch die Heimtextilien-Industrie.
Der Trend des rückläufigen Umsatzes setzt sich im weiteren Verlauf des Jahres fort. In der kumulierten Betrachtung (1. bis 3. Quartal) liegt der Umsatz bei 5 Prozent unter Vorjahr.

Matratzen-Industrie: Umsatz- und Absatzverluste im 1. Halbjahr, leicht positive Tendenz im 3. Quartal
Auch die Matratzenhersteller haben Umsatz- und Absatzverluste zu be­klagen: Der Umsatz lag im ersten Halbjahr 5 Prozent, der Absatz 16 Prozent unter Vorjahr. Bei den Technologien waren sowohl das größte Segment Schaum (–18 Prozent) als auch das Nischenprodukt Latex (–14 Prozent) am wenigsten nachgefragt, ebenso das Preiseinstiegsprodukt Bonnell (–14 Prozent). Bei Taschenfederkern (TFK) zeigten sich die geringsten Verluste beim Absatz (–7 Prozent). Bei Sonstigen hingegen hat die Nachfrage um rund ein Drittel zugelegt (+30 Prozent). Bei der Umsatzbetrachtung war Latex (–12 Prozent) größter Verlierer, bei den großen Segmenten TFK (–4 Prozent) und Schaum (–2 Prozent) zeigen sich vergleichsweise geringe Verluste. Auch bei den Warengruppen ist die Nach­frage deutlich zurückgegangen (Topper –34 Prozent, Unterfederung/Lattenroste –15 Prozent). Entsprechend dazu die Entwicklung beim Umsatz (Topper –12 Prozent, Unterfederung/Lattenroste –8 Prozent). Erstmalig liegen auch die Ergebnisse für den Verkauf von Boxspring vor (Absatz –16 Prozent, Umsatz –10 Prozent) und lassen auch da die Kaufzurückhaltung der Kunden bei Produkten mit hohem Invest erkennen.
Der Ausblick auf die zweite Jahres­hälfte deutet eine leichte Entspannung bei Umsatz und Absatz an. In der kumulierten Betrachtung (1. bis 3. Quartal) liegt der Umsatz um 3 Prozent, der Absatz um 12 Prozent unter dem Vorjahr.

Verbandsarbeit: Themen und Projekte
Im Heimtex-Verband standen in diesem Jahr turnusmäßige Vorstands­neuwahlen auf dem Programm. Alle Vorstände wurden in ihren Ämtern ­bestätigt. Ottmar Ihling (Alfred Apelt) ­bekleidet weiterhin das Amt als Vor­sitzender, Thomas Bußkamp (Badenia Bettcomfort/Brinkhaus) als stellvertretender Vorstandsvorsitzender sowie Markus Haick (Weseler Teppich) als Schatzmeister.
In der Fachgruppe Deko/Gardine/Möbelstoffe wurden Ottmar Ihling als Fachgruppensprecher und Oliver Salzmann (Krall + Roth) als stellvertretender Sprecher in ihren Ämtern bestätigt. Fachgruppensprecher der Fachgruppe Bettwaren bleibt Thomas Bußkamp, auch sein Stellvertreter Thomas Müller (Centa-Star Bettwaren) wurde im Amt bestätigt. Die ­Fach­gruppe Teppichindustrie wird auch weiterhin durch Sprecher Stephan Naacke (Findeisen) und Markus Haick (Tretford) als Stellvertreter vertreten.
Trotz der herausfordernden Lage gibt es aus der Verbandsarbeit in Wuppertal Positives zu berichten: Das Kompetenz-Zentrum Textil + Sonnenschutz ist mit seinen drei Verbänden (Heimtex, Matratzenverband und Verband innenliegender Sicht- und Sonnenschutz, ViS) bei den Mega-Themen Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit etablierter und gefragter Partner seiner Mitglieder und tritt mit seinen Experten bei Podiumsdiskussionen, Impulsvorträgen oder Workshops auf.
Ein Beispiel eines praxisbezogenen Pilotprojekts zum Matratzen-Recycling war der erfolgreiche Start mit der Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal (AWG). Erstes Etappenziel war dabei die getrennte Sammlung ausgedienter Matratzen aus Privathaushalten. Die Erkenntnisse aus der Kooperation mit der AWG in Wuppertal im »Real-Labor-Maßstab« helfen, die Rückwärtslogistik aufzubauen, um dann später kreislauffähige Alt-Matratzen im Rahmen eines EPR-Systems (erweiterte Herstellerverantwortung) in Stoff­kreis­läufe zu führen. Auch in dieser Sache ist der Verband mit Behörden und der Politik im Diskurs.
In diesem Rahmen wird auch die Projektgruppe »Refurbishment« ihren Beitrag leisten. Im Netzwerk »ReNewTex« sind bis dato bereits 40 KMU aus der Textilindustrie (Heimtextilien, Matratzen, innenliegender Sicht- und Sonnenschutz) organisiert, Tendenz steigend. Die Netzwerkpartner haben fünf Projektgruppen gebildet, in denen sie aktiv zusammenarbeiten und ihre Erfahrungen austauschen, um so die Zukunft der Circular Economy für die Branchen zu gestalten. Viel getan hat sich auch in der Außenkommunikation bei »ReNewTex«. Kürzlich wurde der Relaunch der Website www.renewtex.eu präsentiert. Neben dem überarbeiteten Design, in dem die Plattform sich jetzt zeitgemäß und sehr ansprechend darstellt, informiert diese über Selbstverständnis und Ziele von »ReNewTex«.

Kommende Veranstaltungen
Zum 5. Netzwerktreffen lädt das Kompetenz-Zentrum Textil + Sonnenschutz die Mitglieder von Heimtex, Matratzenverband und ViS am 25. Mai 2024 ein. Die Teilnehmer dürfen sich wieder auf spannende Vorträge und die Ge­legen­heit zum fachlichen Austausch freuen.
Am 8. und 9. November 2024 findet die nächste Jahrestagung des Matratzenverbandes statt. Die nächste gemeinsame Jahrestagung mit dem Heimtex steht gemäß Satzung wieder im Jahr 2025 an.

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