Planungsleistungen durch den Auftragnehmer im Baurecht
Das sollte der Auftragnehmer wissen
Planungsleistungen des Auftragnehmers können tückisch sein. Viele Auftragnehmer wollen dem Auftraggeber was Gutes tun und begeben sich damit in Gefahr. Denn dem Auftragnehmer muss bewusst sein, dass er bei Erbringung von Planungsleistungen immer in der Haftung steht. Dies ist auch durchgängige und herrschende Rechtsprechung. Anhand von Urteilen soll die Rechtslage dargestellt werden.
Der erste Fall geht auf ein Urteil des OLG Brandenburg vom 14. August 2013 (4 U 191/11) zurück. Der Auftragnehmer plant für den Auftraggeber eine Heizungsanlage auf Grundlage der VOB/B. Anstelle der ursprünglich vom Auftraggeber vorgesehenen Gasbrennwertanlage kommt es auf Vorschlag des Auftragnehmers zur Ausführung einer Erdwärmeheizung. Jedoch stellt sich nachträglich heraus, dass die Erdwärmekollektoren zu gering dimensioniert sind, was auf eine fehlerhafte Planung des Auftragnehmers zurückzuführen ist. Dieser versucht noch nachzubessern, was ihm jedoch nicht gelingt. Es entstehen Mängelbeseitigungskosten von über 15000 Euro. Der Auftragnehmer verteidigt sich im Prozess mit dem Argument, keine Planungsleistung zu schulden. Zudem hätte die Unterdimensionierung der Anlage dem Architekten des Auftraggebers auffallen müssen.
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die Planungsverantwortung im VOB-Vertrag dem Auftraggeber obliegt. Wenn der Auftragnehmer jedoch die Planung selbst vornimmt, so kommt es auf die grundsätzliche Planungsverantwortung des Auftraggebers nicht an. Hier entschied das OLG ganz klar gegen den Auftragnehmer, da der ausgeführte Alternativvorschlag allein von ihm herrührt. In diesem Zusammenhang muss ausdrücklich auf Folgendes verwiesen werden: Auch wenn die Planung dieser unterdimensionierten Erdwärmeheizung vom Auftraggeber gestammt hätte, wäre der Auftragnehmer auch in der Haftung, da er aufgrund seiner unterlassenen Bedenkenhinweispflichten haften würde. Ein Mitverschulden des Auftraggebers kommt hier nicht in Betracht. Zum einen hat das OLG Brandenburg dahingehend argumentiert, dass der Auftragnehmer ein übergeordnetes Fachwissen betreffend des Heizungsgewerks sowohl gegenüber dem Auftraggeber als auch dem Architekten hatte. Darüber hinaus hat das OLG ganz klar festgestellt, dass weder den Auftraggeber noch den Architekten Hinweispflichten im Hinblick auf die Richtigkeit dieser Planung treffen, wenn der Auftragnehmer die Planung der Anlage übernommen hat. Solche Hinweis- und Aufklärungspflichten obliegen allein dem Auftragnehmer.
Deshalb sollte sich jeder Auftragnehmer bewusst machen, dass, wenn er plant, diese Planung auch mängelfrei sein muss. Wenn die Mangelhaftigkeit der Planungsleistungen aus dem Risikobereich des Auftragnehmers kommt, so haftet er dafür. Mithin sollte man sich gut überlegen, ob man dem Auftraggeber Alternativen anbieten sollte, insbesondere wenn es sich um technisch noch nicht ausgereifte oder technisch unsichere Varianten handelt, die möglicherweise auch nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Dann hat man als Auftragnehmer sogleich ein erhebliches Haftungsproblem.
So ging es auch einem Estrichleger, der die Anlegung von Dehnungsfugen selbst veranlasst hat, was der Planer nicht vorgesehen hatte. Das hat das Kammergericht mit Urteil vom 31. Januar 2014 (7 U 30/13) entschieden. Die Planung war damit mangelhaft. Hierauf hätte der Estrichleger den Auftraggeber hinweisen müssen. Das hat er leider nicht getan, sondern eigenmächtig die Dehnungsfugen angelegt. Dies hat leider zu erheblichen Rissen im eingebrachten Estrich geführt. Der Estrichleger kann sich vor Gericht nicht damit verteidigen, dass er im Interesse des Auftraggebers gehandelt hat. Mit einer solchen Argumentation kommt er nicht durch. Der Estrichleger hat geplant und diese Planung war mangelhaft. Das führt automatisch zur Haftung.
Ein weiterer Fall zeigt auf, dass Hinweispflichten sehr weitgehend sein können. Das hat das OLG Düsseldorf durch Urteil vom 6. Februar 1998 (22 U 116/97) aufgezeigt. Hier ging es um ein Unternehmen, welches Wintergärten plant und aufbaut. Für einen Auftraggeber sollte ein solcher errichtet werden. Gebaut wurde ein Wintergarten, der jedoch für die kalte Jahreszeit zu Wohnzwecken nicht geeignet war. Hier hat das OLG Düsseldorf ganz klar entschieden, dass die Hinweispflichten auch Beratungspflichten erfassen und somit auch die Nutzungsvorstellungen des Auftraggebers zu erfragen sind. Also ist zu konstatieren, dass mit dem Auftraggeber sowohl die Aufgabenstellung als auch die Zielvorstellung abzustimmen sind. Daraus erkennt man, dass die Beratungspflicht sehr weit ausgedehnt wird. Auf den Punkt gebracht heißt das: Wer plant, muss sich über die vom Auftraggeber verfolgten Ziele sowie den Einsatz- und Verwendungszweck vergewissern und das seiner Planung zugrundelegen. Wer ausführt, muss sich in gleicher Weise vergewissern, dass die vom Auftraggeber verfolgten Ziele mit der vorgesehenen Ausführung auch erreicht werden können. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass der Auftragnehmer als Planer und Ausführender dafür beweispflichtig ist, dass er seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist. Deshalb sollte eine entsprechende Aufklärung aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen.
In dem Zusammenhang stellt sich auch noch eine andere Frage, die unbedingt beantwortet werden sollte. Der Auftragnehmer erkennt Planungsmängel des Auftraggebers, plant aus Zeitgründen selbst um und verlangt für die Umplanung eine Mehrvergütung. Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 27. Dezember 2019 (24 U 200/18) entschieden, dass dem Auftragnehmer keine Vergütung für derartige Planungsleistungen zusteht. Vielmehr kommt das OLG Frankfurt klar zu dem Schluss, dass der Auftragnehmer verpflichtet war, die ihm übergebenen Pläne zu überprüfen und bei Feststellung von möglichen Mängeln der Planung Bedenken anzumelden. Eine Vergütung für zusätzliche Planungsleistungen kann der Auftragnehmer nur nach schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers beanspruchen. Der Auftragnehmer war von sich aus nicht befugt, die Pläne eigenmächtig zu korrigieren. Vielmehr hätte er diese Pläne zur Behebung dieser Mängel zurückgeben müssen. Mithin sollte man daraus den Schluss ziehen, dass ein eigenmächtiges Handeln des Auftragnehmers keinesfalls zu einem Vergütungsanspruch führt. Das gilt nicht nur für Planungsleistungen, sondern auch für die eigenmächtige Ausführung von Leistungen. Vielmehr bedürfen zusätzliche Leistungen immer der vorherigen schriftlichen Zustimmung durch den Auftraggeber.
Die Quintessenz aus diesen Fällen ist ganz einfach: Wer falsch plant, haftet.
Im Hinterkopf sollte man jedoch immer behalten, dass auch bei einer falschen Planung der Auftraggeberseite der Auftragnehmer nicht entlastet wird, sondern rechtlich in der Pflicht bleibt, hiergegen Bedenken anzuzeigen. Also kann sich auch bei der Planung durch den Auftraggeber eine Haftung des Auftragnehmers ergeben – das muss ihm klar sein. Deshalb sollte sich ein Auftragnehmer die Planung durch den Auftraggeber immer im Detail anschauen und selbst bei geringsten Bedenken diese auch anzeigen. Lieber eine Bedenkenanzeige zu viel als zu wenig. Denn darauf wird es hinterher im Prozess ankommen, wenn ein gerichtlich bestellter Sachverständiger feststellt, dass die mangelhafte Planungsleistung des Auftraggebers für den Auftragnehmer erkennbar war. Deshalb ist zu ergänzen: Wer eine Planung des Auftraggebers nicht prüft, haftet ebenfalls.
Carsten Seeger

