Raumakustik als verbindlicher Gesundheitsfaktor
Die weitreichenden Einflüsse des raumakustischen Komforts auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit werden besonders deutlich, wenn es um sensible Kommunikationsprozesse wie etwa beim Lernen und Arbeiten geht. Bei der Planung von Schulen und Büroräumen gilt es daher Richtlinien zu beachten, die ein gesundes Raumklima sicherstellen sollen.
Zahlreiche Untersuchungen in Schulen und Großraumbüros bestätigen den immensen Einfluss der Raumakustik auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Bei nicht optimierter Raumakustik steigt der Geräuschpegel, den Lehrer, Schüler oder Angestellte verursachen. Das geschieht als Reflex auf die schlechte Hörsamkeit, da man versucht, durch lauteres Sprechen die Verständigung zu verbessern (Lombard-Effekt).
Dadurch wird allerdings das Gegenteil bewirkt. Dieser Effekt ist nicht nur unangenehm, er erschwert außerdem das Sprachverständnis und beeinträchtigt damit die sogenannte Hörsamkeit von Räumen. Das Unterrichten, Lernen und Arbeiten wird deutlich erschwert. Deshalb gilt es, zur Verbesserung der Raumakustik die Nachhallzeiten sowie die Pegelminderung durch schallabsorbierende Maßnahmen zu minimieren. Bei einer effektiven Schallabsorption am richtigen Ort sinkt der Geräuschpegel merklich, da nun die Verständigung in »Zimmerlautstärke« möglich ist.
Diese Bestimmungen beziehen sich auf alle Räumlichkeiten, in denen Kommunikation stattfindet und wo sich Menschen begegnen. Das heißt, es müssen auch Flure, Besprechungszimmer, Praxisräume, Foyers, Eingangs- und Pausenhallen, Kantinen, Mensen und ähnliche Räumlichkeiten hinsichtlich ihrer Hörsamkeit optimiert werden. Überall hier sollten möglichst kurze Nachhallzeiten realisiert werden. Dieses gilt grundsätzlich für Neubauten, bei Umbauten und Umnutzungen.
Normen und Bestimmungen
Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl von raumakustischen Maßnahmen sind die geltenden Normen und Bestimmungen. Seit Mai 2018 gibt die überarbeitete Fassung der »Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.7 Lärm« verbindlich vor, welche maximal zulässigen Beurteilungspegel und raumakustischen Anforderungen (unter anderem maximale Nachhallzeiten) einzuhalten sind. Erstmals gibt es damit auch Vorgaben für den Bereich der extraauralen Lärmwirkungen, mit dem Ziel, eine Gefährdung von Arbeitnehmern durch Lärm auszuschließen. Verschärft werden die einzuhaltenden zulässigen Pegel, wenn zum Beispiel informationshaltige Geräusche (Gespräche) in der Konzentration stören können. Bauherren und Betreiber, die die Forderungen der neuen Arbeitsstättenrichtlinie im Rahmen von Bautätigkeiten oder Umnutzungen nicht erfüllen, riskieren ein rechtliches Nachspiel.
Für die Hörsamkeit von Räumen ist die DIN 18041 das Standardwerk, die konkrete Anforderungen und Hinweise für die Planung festlegt. Für die unterschiedlichen Raumgruppen werden Nachhallzeiten oder wird darin ein A/V-Verhältnis als Zielwert beschrieben. Entsprechend der Nutzung, beispielsweise in Büroräumen, muss ein Mindestmaß an äquivalenter Absorptionsfläche (A) im Verhältnis zum Raumvolumen (V) vorhanden sein, um eine mittlere Senkung der Geräuschpegel sicherzustellen.
Während die DIN 18041 die Grundkonditionierung von Büroräumen beschreibt, enthält die ASR eine Unterteilung der Anforderungen nach Tätigkeitskategorien und beschreibt dazu maximal zulässige Beurteilungspegel sowie maximale Nachhallzeiten. Als drittes Regelwerk kommt der Entwurf der VDI 2569 hinzu, die detailliert beschreibt, wie in Abhängigkeit von Tätigkeit und Grundbedämpfung auch die Sprachschallausbreitung kontrolliert werden soll. Zudem werden Empfehlungen zu flankierenden Maßnahmen (zum Beispiel Höhe und Qualität von Schirmungen und Bodenflächen) gegeben.
Ganzheitliches Akustikdesign
Zur Betrachtung und Analyse der gesamtheitlichen Raumakustik reichen meist einfache theoretische Berechnungen von raumakustischen Parametern (zum Beispiel der Nachhallzeit) nicht mehr aus. Häufig ist durch das »Activity Based Acoustic Design« eine räumliche und auch örtliche Aussage (zum Beispiel zur Schallausbreitung) notwendig. Die Anpassung der physikalischen Umwelt an die nutzungsabhängige Gestaltung rückt für ein befriedigendes, der Erwartung entsprechendes Ergebnis immer mehr in den Fokus. Hier kann durch schalltechnische Berechnungen in 3-D-Modellen sichergestellt werden, dass die akustische Planung den Vorgaben entspricht.
In der Zusammenfassung bedeutet das: Der Stellenwert der Raumakustik wird bei der Planung und Ausführung von Lern-, Arbeits- und Wohnumgebungen weiter zunehmen. Neben der Normerfüllung geht es auch darum, darüber hinausgehende Erkenntnisse und Empfehlungen bezüglich der akustischen Qualität von Räumen und seiner Auswirkungen auf die Gesundheit und die Lebensqualität zu berücksichtigen.
Fakten rund um die Raumakustik
1. Raumdecken bieten grundsätzlich die größtmögliche Gestaltungsvielfalt und haben die besten messbaren Effekte auf die Raumakustik.
2. Akustische Raumlösungen sind grundsätzlich von der Raumnutzung und den baulichen Gegebenheiten abhängig und daher immer individuell.
3. Den besten Wirkungsgrad erzielen poröse Absorber, die außerdem leicht und vielseitig einzusetzen sowie extrem umweltverträglich sind.
4. Die zentralen Richtlinien für Bauherren und Planer:
■ DIN 18041: Allgemein anerkannte Regel der Technik, welche in Abhängigkeit von Raumnutzung und Raumvolumen eine einzubringende, akustisch wirksame Mindestfläche definiert.
■ ASR A3.7: Verpflichtende Vorgaben für den Arbeitgeber in Bezug auf maximal zulässige Beurteilungspegel und zur Bedämpfung von Arbeitsräumen über die Vorgabe von Nachhallzeiten.
■ VDI 2569: Richtlinie, welche neben der Raumbedämpfung auch Vorgaben zur Sprachschallausbreitung über Arbeitsplätze in Großraumbüros definiert.
5. »Activity Based Acoustic Design«: Berücksichtigung von unterschiedlichen Tätigkeiten als Grundlage für eine daraufhin optimierte Akustikplanung (der richtige Raum/Bereich für die jeweilige Tätigkeit).
Rainer Machner

