22.10.2023 | Verbände / Institute / Organisationen Seite 30-31 in Ausgabe 6/2023

VDPM: Drei Verbände – ein gemeinsames Ziel

Die Branchentage, zu denen der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM), der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz (BV FGB) und der Bundesverband Ausbau und Fassade (BAF) geladen hatten, stellten Themen wie Wärmedämmung, Dämmputze und Wärmepumpen in den Fokus. 150 Fachleute aus Handwerk und Industrie, dazu Sachverständige, Planer und Architekten waren hierfür nach Bamberg gekommen.
Heiner Röhr, stellvertretender Vorsitzender des VDPM, Jörg Ottemeier, Vorstandsmitglied des BAF, und Guido Müller, Präsident des BV FGB, betonten bei der Eröffnung und Begrüßung die Wichtigkeit, Zukunftsthemen gemeinsam an­zu­gehen und mit vereinten Kräften an Lösungen zu arbeiten.
Dietmar Ahle, Vizepräsident des BV FGB, und VDPM-Geschäftsführerin Antje Hannig führten anschließend durch das Tagungsprogramm.

Spannende Vorträge
Gleich der erste Vortrag traf den Nerv der Zeit. Überzeugend erläuterte Prof. Dr. Andreas Holm vom Forschungs­institut für Wärmeschutz München, warum Wärmeschutz und Wärmepumpen unbedingt zusammengehören. Ziel müsse es sein, den Anteil vorbereiteter Gebäude für den Wärmepumpenhochlauf zu steigern – sprich: sie »Niedertemperatur-ready« zu machen – und die Gleichzeitigkeit elektrischer Lasten zu senken. Denn bei Wärmepumpen wirke sich eine schlechte Effizienzklasse einer Immobilie stärker aus als bei Gasheizungen. Gut gedämmte Gebäude könnten die Spitzen der Heizlast in die günstigeren Stunden verschieben und das Stromnetz entlasten, lautete das Fazit der Betrachtung. 
Was Nachhaltigkeit für das Bau­ge­werbe bedeutet, erklärte im Anschluss Katrin Mees vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). »Nachhaltiges Bauen sollte nicht nur ökolo-gisch sinnvoll, sondern immer auch wertbeständig und sozialverträglich sein«, lautete ihre These. Bauen und Wohnen müsse gleichzeitig klima­gerecht und bezahlbar sein – »das ist unsere Aufgabe«, appellierte sie an die Teilnehmer. Dies betreffe den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks, von der Planung über den Bau, die Nutzungsphase bis hin zum Rückbau. Katrin Mees: »Die gesamte Wertschöpfungskette Bau muss für diese vier Phasen gemeinsam ihren Beitrag leisten.« Hier sei vor allem vor­aus­schauen­des Handeln gefragt: Gebäude müssten so geplant werden, dass die verwendeten Materialien gleich als zukünftiger Rohstoff vorgesehen, beschafft und eingebaut werden könnten, damit sie später für das nächste Projekt zur Verfügung stünden.

WDVS ein bewährtes Mittel für die Dämmung
Ein Schwerpunkt der Branchentage waren Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) als ein probates Mittel für die Dämmung der Gebäudehülle im Neubau und im Bestand. Gleich vier Vorträge widmeten sich diesem Thema.
Den Auftakt machte Prof. Dr. Hartwig Künzel vom Fraunhofer IBP Holzkirchen mit seinem Blick auf das Langzeitverhalten von WDVS. Eingangs erläuterte der Experte, warum eine hohe Wärmedämmung vor Schimmelbefall schütze. Anschließend stellte er eine Langzeitstudie des Instituts vor, die 1975 an 93 Gebäuden in Deutschland, Österreich und der Schweiz gestartet wurde und über verschiedene Phasen bis 2022 lief. Das Ergebnis bestätigte frühere Untersuchungen des Instituts, denn die mit EPS und Mineralwolle gedämmten Häuser wiesen selbst nach fast vier Jahrzehnten ohne Sanierung praktisch keine Schäden auf, sondern waren nur optisch beeinträchtigt. Die Quintessenz der Betrachtung lautete, dass Alterungsverhalten und Wartungsaufwand bei WDVS-Fassaden nicht anders zu bewerten seien als bei konventionell verputzten Außenwänden und die Dämmvariante in der Regel einen guten Witterungs- und Korrosionsschutz darstelle. 
Einen spannenden Versuchsaufbau beschrieb im folgenden Vortrag Hardy Rüdiger von den Deutschen Amphibolin-Werken (DAW) aus Ober-Ramstadt. Dieser dient unter anderem als Grundlage für die Neuauflage des VDPM-Brandschutzkompendiums, dem »Standardwerk für WDVS«, das derzeit überarbeitet wird. Im Fokus des Vortrags stand die Untersuchung brennbarer Dämmstoffe im Sockel- und Spritzwasserbereich nicht brennbarer WDVS, die ein eigenständiges Kapitel im Rahmen des Kompendiums darstellt. Zielsetzung war das Schaffen ­objektiver Bewertungsgrundlagen, die Ableitung von Anwendungsgebieten sowie die Anpassung baurechtlicher Regelungen. Der dazu durchgeführte Sockelbrandversuch erbrachte hinsichtlich der Brandausbreitung po­si­tive Resultate. Wie Rüdiger betonte, können die Ergebnisse als Grundlage für die Erarbeitung einer Technischen Regel für die Verwendung einer Spritzwassersockeldämmung aus EPS, XPS oder PUR genutzt werden. Das Brandschutzkompendium soll noch 2023 fertiggestellt werden, das Monitoring zur Erstellung einer Technischen Regel sei für 2024 geplant.
Den dritten Vortrag im WDVS-Themenreigen hielt Antje Proft von der Sahlmann & Partner GbR aus Leipzig. Dabei ging es um WDVS an Untersichten unter Berücksichtigung der Aspekte Eigengewicht, Windsog und hygrothermischer Belastung. Als Ergebnis fasste die Referentin zusammen, dass derzeit ausschließlich die Verdübelung durch das Gewebe in Mineralwolle mit verschiedenen Tellerdübeln in mineralischen Untergründen zugelassen sei. Die Zulassungstabelle enthalte bereits die relevanten Sicherheitsfaktoren für Dauerlast, Tragfähigkeit im Riss sowie die Lasteinwirkung durch Eigengewicht (ständige Last) und Wind (ver­änder­liche Last). 
Unter das Motto »Weiterverwendung ist besser als Wiederverwertung und Recycling« hatte Achim Gebhart, der bei Baumit Bad Hindelang die Leitung der Bauberatung innehat, seinen Vortrag gestellt. Er sprach über die fachgerechte Aufdopplung von WDVS. Wandaufbau und Altsystem seien gründlich auf die Punkte Art, Zustand, Standsicherheit, Tragfähigkeit und Tauglichkeit für eine Aufdopplung zu prüfen, bevor es in die Planungsphase und schließlich in die Ausführung ­gehen könne.

Alternative Wärmedämmputz
Eine Alternative zu WDVS stellen Wärmedämmputze dar – ebenfalls eine Methode zur Steigerung der Energie­effizienz von Gebäuden. Dr. Tina Oertel vom Baustoffspezialisten Sievert aus Karlstadt stellte die aktuellen Entwicklungen im Bereich neuer Materialien für entsprechende Produkte im EU-Projekt »Wall-ACE« und der Folgestudie »EASI ZERo« vor. Letztere startete Ende 2022 und läuft bis Mai 2026. Die Referentin erläuterte die Versuchsaufbauten sowie erste Ergebnisse und plädierte abschließend an die Zuhörer, sich in der Stakeholder-Initiative zu ­engagieren. So könnten sie Teil des »EASI ZERo«-Forschungsprojekts werden und auf die Entwicklung eines Produkts einwirken, bevor dieses zur Anwendungsreife und damit auf die Baustelle käme.
Ralf Ertl aus München, ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden sowie Autor der Werke »Toleranzen im Hochbau« und »Optische Mängel im Bild«, sprach über sichtbare Beeinträchtigungen und die Beurteilung zu akzeptierender bzw. nicht zu akzeptierender Abweichungen. Anhand von Beispielbildern und Grafiken stellte er eine Methodik zur Feststellung und Bewertung von Auffällig­keiten vor. 
Das Schlusswort übernahm Oliver Hartmann. Der Geschäftsführer, Ressortleiter Technik und Sachverständigenwesen der Bauverbände NRW –Stuck, Putz und Trockenbau Westfalen, bedankte sich bei allen Referenten, den Organisatoren der beteiligten Verbände und den Teilnehmern für ihr ­aktives Mitwirken.

Gastgeber und Vortragende bei den Branchentagen (von links): Prof. Hartw... mehr
Über 150 Teilnehmer aus Handwerk und Industrie sowie Sachverständige, Pl... mehr

Zurück